Der eigenständige Heilberuf Osteopath: Wer dürfte alles Osteopathie praktizieren?

Seit vielen Jahren wird der eigenständige Heilberuf Osteopath lautstark gefordert, ohne dass darüber diskutiert wird, welche Folgen ein solcher neuer Heilberuf hätte.
Wir stellen deshalb jede Woche einen spezifischen Aspekt vor, den ein eigenständiger Heilberuf Osteopath mit sich brächte. Damit wollen wir zu einer Diskussion beitragen, die aus unserer Sicht die Forderung nach dem Beruf Osteopath dringend benötigt. 

Unser Thema diese Woche:


Wer dürfte alles Osteopathie praktizieren, wenn es ein eigenes Berufsgesetz gäbe?
 
Ein oft vorgebrachtes Argument für ein eigenes Berufsgesetz lautet, dass damit die Qualitätssicherung und Patientensicherheit in der Osteopathie hergestellt wären. Zudem würde ein Berufsgesetz Rechtssicherheit für jene Therapeuten schaffen, die gegenwärtig mit der Ausübung der Osteopathie gegen das Heilpraktikergesetz verstoßen.
 
Der letzte Punkt ist richtig: Ein eigenes Berufsgesetz würde Rechtssicherheit für jene schaffen, die dessen Vorgaben erfüllen und diese einhalten. Noch lässt sich allerdings nicht absehen, ob ein Berufsgesetz, zu dem die Gesundheitsminister Ende Juni möglicherweise einen Beschluss fassen werden, die Ausübung der Osteopathie im Primärkontakt oder auf Verordnung hin regeln würde.
 
Wie aber sieht es mit der Qualitätssicherung und Patientensicherheit aus?
Ein eigenes Berufsgesetz für Osteopathie hätte keine Auswirkungen auf Ärzte und Heilpraktiker. Beide Berufsgruppen könnten weiterhin im Primärkontakt uneingeschränkt Osteopathie praktizieren, weil ein neues Berufsgesetz bestehende Berufe in der Ausübung der Heilkunde nicht tangieren würde. Dabei würde deren jeweilige osteopathische Fortbildung, wie bisher auch, keine Rolle spielen.
Insofern würde ein eigenes Berufsgesetz die geforderte Qualitätssicherung und Patientensicherheit zwar für den neuen Beruf herstellen, nicht aber für Ärzte und für Heilpraktiker. Patienten würden weiterhin Osteopathie von drei verschiedenen Berufsgruppen erhalten können.
 
Bleibt die spannende Frage, auf wen ein solches neues Gesetz zugeschnitten werden müsste. Welche Vorgaben, etwa in Hinblick auf die Ausbildung, müssten erfüllt werden?
 

  • Würden 1.350 Unterrichtseinheiten berufsbegleitender Ausbildung zum neuen Beruf (Osteopath) führen und könnte der alte Beruf (Physiotherapeut) weiterhin ausgeübt werden?

  • Könnten in die 1.350 Unterrichtseinheiten (UE) z.B. auch Kurse in Manueller Therapie mit angerechnet werden?

  • Was wäre mit den vielen hundert Physiotherapeuten, die die Ärztevereinigung für Manuelle Medizin, ÄMM, in „Osteopathische Befunderhebung und Therapie“ fortgebildet hat und weiterhin fortbildet (372 UE + Prüfung)?

  • Was wäre mit den mehreren hundert Physiotherapeuten, die die Deutsche Gesellschaft für Osteopathische Medizin, DGOM, in Osteopathische Therapie fortgebildet hat und weiterhin fortbildet (652 UE)?

  • Was wäre mit den Absolventen, die der Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten, IFK, in Osteopathie fortbildet (740 UE + 260 UE Manuelle Therapie)?

  • Was wäre mit jenen Therapeuten, die der Bundesverband Osteopathie, BVO, trotz nicht abgeschlossener Fortbildung ab 800 UE an Patienten vermittelt?

 
Das sind nur einige der Fragen, über die es sich lohnt, nachzudenken und zu diskutieren, wenn man den eigenständigen Heilberuf Osteopath fordert.
 
Diskutieren Sie gern mit uns: contact@hpo-osteopathie.de
  
Unser Thema kommende Woche: Was ist ein Osteopath?