Der eigenständige Heilberuf Osteopath: Warum eine bundesweite WPO-Osteo keinen neuen Beruf schafft.

Seit geraumer Zeit wird der eigenständige Heilberuf Osteopath lautstark gefordert, aber nicht darüber diskutiert, welche Folgen ein solcher neuer Heilberuf hätte. Wir stellen deshalb auch diese Woche einen spezifischen Aspekt vor, den ein eigenständiger Heilberuf Osteopath mit sich brächte.
Wir freuen uns sehr, dass wir mit unserer Rubrik eine durchaus konstruktive Diskussion in Gang gebracht haben.
 
Unser Thema diese Woche:
Warum eine bundesweite WPO-Osteo keinen neuen Beruf erschaffen kann.
 
Seit dem 22. November 2008 regelt in Hessen eine eigene Verordnung die Weiterbildung und Prüfung in Osteopathie. Sie lautet vollständig „Verordnung einer Weiterbildungs- und Prüfungsordnung im Bereich der Osteopathie (WPO-Osteo)“.
Weiterbildung deshalb, weil mit der Verordnung kein neuer Beruf geschaffen wird, sondern lediglich die Weiterbildung und Prüfung in Osteopathie staatlich geregelt wird. Das erklärt auch die auf maximal vier Jahre festgelegte Dauer der in der WPO-Osteo festgelegten Weiterbildung. Denn Weiterbildungen dürfen grundsätzlich nicht länger als vier Jahre dauern, ansonsten gelten sie als Ausbildungen.   
 
Die WPO-Osteo ist auf Betreiben des VOD in Hessen erlassen worden. Der Verband hatte hierfür ohne Absprache mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Osteopathie deren Curriculum verwendet, was in der Folge zum Austritt des VOD aus der BAO führte. Ende 2008 für die Dauer von fünf Jahren eingeführt, wurde die WPO-Osteo 2013 um weitere fünf Jahre verlängert. Eine Evaluation soll nächstes Jahr erfolgen, um deren Fortentwicklung oder Beendigung zu beschließen.
 
An der Weiterbildung und Prüfung in Osteopathie können laut Regierungspräsidium Darmstadt „nur Physiotherapeuten, Masseure und medizinische Bademeister nach dem Masseur- und Physiotherapeutengesetz vom 26. Mai 1994 (mit einer Zusatzausbildung in Manueller Therapie) sowie Heilpraktiker teilnehmen.“
Die Weiterbildung und Prüfung muss zudem an staatlich anerkannten und überwachten „Weiterbildungseinrichtungen“ erfolgen. Gegenwärtig werden vier Osteopathieschulen in Hessen als Weiterbildungseinrichtungen für Osteopathie anerkannt. 
 
Die WPO-Osteo regelt in drei Abschnitten die Weiterbildung selbst, die Prüfung und die staatliche Anerkennung. Eine Anlage legt die Themenbereiche (Fächer) fest, die die mindestens 1350 Unterrichtseinheiten umfassende Weiterbildung beinhalten muss.
Wer die Weiterbildung absolviert und die Prüfung besteht, erhält gemäß § 17 (1) „Die staatliche Erlaubnis zur Führung der Weiterbildungsbezeichnung ‚Osteopathin’ oder ‚Osteopath’.“ Damit ist in Hessen der Begriff „Osteopath“ bzw. „Osteopathin“ als Weiterbildungsbezeichnung festgelegt und kann nicht gleichzeitig für einen neuen Beruf verwendet werden.
 
Was vielfach übersehen wird, ist dass die WPO-Osteo keine Vorgaben zur Ausübung der Osteopathie enthält und insofern auch nicht zur Ausübung der Osteopathie legitimiert. Wer also die Weiterbildung absolviert, die Prüfung besteht und somit die staatliche Erlaubnis erlangt, sich Osteopath zu nennen, ist deshalb nicht automatisch berechtigt, Osteopathie zu praktizieren. Darauf weist das Regierungspräsidium Darmstadt ausdrücklich hin: „An den rechtlichen Voraussetzungen, die Osteopathie ausüben zu dürfen, hat sich nichts geändert. Die Osteopathie darf in Deutschland als Heilkunde nach wie vor nur von Heilpraktikern oder Ärzten eigenständig ausgeübt werden.“  
 
So bleibt diese Verordnung zur Osteopathie paradoxerweise auf halber Strecke stehen, weil sie genau das nicht gewährt, was für Therapeuten eigentlich das Wichtigste wäre: Rechtssicherheit.
 
In den Worten eines Vertreters der hessischen Landesregierung gegenüber der hpO:
Es „bleibt (...) offen, ob sich beispielsweise Konkurrenten, die osteopathische Leistungen anbieten, unter Berufung auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf gegen eine entsprechende Tätigkeit einer Physiotherapeutin bzw. eines Physiotherapeuten ohne Erlaubnis nach § 1 Heilpraktikergesetz wenden können."
 
Insofern ist es falsch, was der Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten, IFK, in seinem kürzlich erschienenen Artikel „Osteopathie: Zweimal das Gleiche ist nicht dasselbe“ kundtut. Die WPO-Osteo ist eben nicht „die derzeit einzig gültige gesetzliche Regelung zur Abgabe osteopathischer Leistungen für Physiotherapeuten im Delegationsverfahren.“  
 
Dass der IFK trotzdem an der WPO-Osteo festhält und sie gern als Grundlage für eine bundesweite Regelung zur Ausübung der Osteopathie sehen würde, ist auch verständlich: Schließlich will der Physiotherapeutenverband die Osteopathie gern als Weiterbildung in die Physiotherapie mit integrieren und lehnt einen eigenständigen Beruf ab. 
 
Bei soviel Zustimmung zur WPO-Osteo wundert es nur, dass sich der IFK selbst nicht an die Vorgaben der Verordnung hält: Die kürzlich vorgestellten ersten Osteopathieabsolventen des IFK haben eine osteopathische Weiterbildung von nur 1000 Stunden absolviert, gegenüber den 1350, die die WPO-Osteo vorschreibt.

 
Das sind einige Denkanstöße, über die es sich lohnt, nachzudenken und zu diskutieren, wenn man den eigenständigen Heilberuf Osteopath fordert.
 
Diskutieren Sie gern mit uns: contact@hpo-osteopathie.de
  
Unser Thema kommende Woche: Der Heilpraktiker
 
Bisher zu Reihe „Der eigenständige Heilberuf Osteopath“ erschienen: