Morgens halb 10 in der osteopathischen Praxis (OSTEOPATHIE 9-2020)

Stichworte: Rückenschmerzen, Brustwirbelsäule, Schulterblättern, Alltagsbelastungen, Differentialdiagnostik, Osteoporose, Morbus Scheuermann, Tumoren, Wirbelsäule, Herzprobleme, Wirbel, Rippen, Facettengelenke, Rippen-Wirbel-Gelenke, Speiseröhre, Luftröhre, Gefäße, Herz, Lunge, Brustwirbel, Unbeweglichkeit, osteopathische Untersuchung, Speiseröhre, Rachen, Magen, Sodbrennen, Entzündung der Magenschleimhaut, Engstelle, Aortenbogen, Bronchus, Regeneration, Mobilität, magenschonende Ernährung, Haut, Muskeln, Bindegewebe, Bewegungsfreiheit, Fixierungsstellen, Spannungsverhältnisse, Brustkorb, Atmung, manuelle Mobilisation, Bauchlage, Beschwerden, Entzündung

Dieses Mal wollen wir Sie in die Lage eines osteopathisch arbeitenden Therapeuten versetzen. Übernehmen wir also dessen Sichtweise und tauchen wir ein in einen osteopathischen Praxisalltag:

Für heute Vormittag hat sich ein neuer Patient in der Praxis angemeldet. Bei der Terminvereinbarung am Telefon hat er von Rückenschmerzen berichtet. Mehr weiß ich erst einmal noch nicht über ihn.

9.25 Uhr, es klingelt und Herr L., mein neuer Patient, kommt herein. Im Behandlungsraum berichtet er von Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule, zwischen den Schulterblättern. Die Schmerzen halten sich seit einigen Wochen hartnäckig. Nachts und im Liegen sind sie nicht zu spüren. Aber tagsüber sind sie wechselhaft vorhanden. Mal sind sie da, mal nicht. Ein wirkliches Muster beim Auftreten ist nicht zu erkennen. Weder hat Herr L. bemerkt, dass sie durch eine bestimmte Position oder Bewegung ausgelöst werden können, noch verstärken sie sich bei Alltagsbelastungen. Seit einem langen Tag mit Gartenarbeit sind sie aber stärker geworden und treten häufiger auf.

Ein Fall wie dieser ist typisch für die osteopathische Praxis. Anhaltende Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule bei unklarer Ursache. Wie geht es nun in der osteopathischen Praxis weiter?
 
Zunächst mit Differentialdiagnostik: In meinem Hinterkopf habe ich einige schwerere Erkrankungen, die Schmerzen in der Brustwirbelsäule hervorrufen können und die ich ausschließen möchte, wie beispielsweise Osteoporose, ein Bruch eines Wirbelkörpers, Morbus ScheuermannTumore im Bereich der Wirbelsäule und Herzprobleme. Ich frage Herrn L. also noch nach einigen Details und komme zu dem Schluss, dass nichts gegen eine osteopathische Untersuchung spricht.

Nun will ich wissen, welche Struktur genau die Schmerzen verursacht und beginne mit der manuellen Untersuchung. Es kommen lagebedingt infrage: Wirbel und RippenFacettengelenke der Wirbel sowie Rippen-Wirbel-Gelenke, die Speiseröhre, die Luftröhre, die großen Gefäße von Herz und Lunge und schließlich Herz und Lunge selber.

Schon bei der Provokation der zweiten Struktur habe ich “Glück”: Der Schmerz tritt auf, wenn ich die Wirbelgelenke des 3. - 5. Brustwirbels provoziere. Hier finde ich außerdem eine Unbeweglichkeit und eine leichte Schwellung auf den Wirbeln. Jetzt weiß ich, dass die Schmerzen durch eine Unbeweglichkeit im Bereich der Wirbelsäule hervorgerufen werden.

Immer dann, wenn die Wirbelsäule Bewegungen machen soll, die über diese Bewegungsgrenze hinaus gehen, meldet sie sich schmerzhaft.
Ein Behandler, dessen Fachgebiet nur im Bereich des Skelettsystems liegt, wäre nun zufrieden und würde einfach die entsprechenden Wirbel mobilisieren. Jeder osteopathische Behandler bleibt aber neugierig und wird die Frage stellen: Warum sind die Wirbel unbeweglich? Die osteopathische Untersuchung geht nun erst richtig los und der ganze Körper wird mit den Händen auf Unbeweglichkeiten untersucht. Bei Herrn L. fällt in der weiteren Untersuchung auf, dass die Speiseröhre, der muskuläre Schlauch vom Rachen bis zum Magen, der dem Essenstransport dient, und auch der Magen nicht frei beweglich sind.
 
Meine Frage nach Problemen wie Sodbrennen, verneint Herr L. Als ich aber auf den Magen zu sprechen komme, berichtet er, dass es vor einiger Zeit viel Stress in seiner Firma gab, worauf er mit einer Entzündung der Magenschleimhaut reagiert habe. Das war schon einmal vor ein paar Jahren der Fall, als er in den Abschlussprüfungen einer Weiterbildung steckte. Nun sei der Magen aber wieder in Ordnung und Magenschmerzen habe er keine mehr. Für mich ist nun dennoch klar, dass der Ursprung für seine Beschwerden der Magen ist. Durch die Entzündung verlor dieser an Beweglichkeit und verhindert nun auch ein freies Bewegen der Speiseröhre, mit der er verbunden ist. Die Speiseröhre liegt direkt vor der Brustwirbelsäule und weist an der Stelle, an der ich die Unbeweglichkeit in der Wirbelsäule festgestellt habe, eine Engstelle auf. Genau hier kreuzt der Aortenbogen und der linke Bronchus verläuft quer über die Speiseröhre. Eine Unbeweglichkeit der Speiseröhre führt in diesem Bereich besonders gerne zu Problemen. Ist das Gewebe hier fixiert, werden auch die Wirbel unbeweglicher.

Wie sieht nun die osteopathische Behandlung aus?

Eine abklingende Entzündung der Magenschleimhaut kann auch ohne Symptome vorhanden sein. Und ich habe eine leise Vermutung, dass dies bei Herrn L. der Fall ist. In der osteopathischen Praxis fühlen wir häufig eine starke Unbeweglichkeit des Magens, wenn noch eine vielleicht kleine Entzündung vorhanden ist oder der Magen sich noch nicht völlig von einer vorangegangenen Entzündung erholt hat. Ich möchte also die Regeneration des Magens und seine Mobilität verbessern, um der Speiseröhre wieder mehr Mobilität zu ermöglichen.

Während ich Herrn L. über magenschonende Ernährung (viel kauen, nichts Scharfes, nicht Rauchen, kein Alkohol) aufkläre, lege ich meine Hände sanft auf seinen Magen. Eine Hand liegt unterhalb des Magens am Rücken, die andere auf dem Bauch.

Ich fühle durch HautMuskeln und Bindegewebe hindurch, bis ich schließlich den Magen zwischen meinen Händen spüre. Er bewegt sich ganz leicht nach innen und außen. Dieser Bewegung folge ich und versuche das Gewebe einzuladen, die Pendelbewegung noch zu vergrößern. Der Magen bedankt sich nach einiger Zeit mit einem “Knurren” für die gewonnene Bewegungsfreiheit. Ein großer Schritt in der Behandlung ist geschafft. Ich kann mich nun der Speiseröhre zuwenden, die immer noch rigide ist.
Dafür untersuche ich alle Fixierungsstellen der Speiseröhre auf Beweglichkeit und die Spannungsverhältnisse in ihrem Verlauf durch den Brustkorb. Unbeweglichkeiten mobilisiere ich. Im Verlauf meiner Behandlung kann ich einen Erfolg deutlich wahrnehmen: der Brustkorb entspannt sich unter meinen Händen. Die Atmung fließt frei und tief und die Speiseröhre lässt sich harmonisch im Brustkorb verschieben.

Und was ist nun mit der Wirbelsäule?

Am Ende teste ich noch die Beweglichkeit der Wirbel, die letztendlich die Schmerzen verursachen. Nach einer leichten manuellen Mobilisation in Bauchlage gibt das Gewebe direkt nach und die Wirbel bewegen wieder frei. Ein sehr guter Erfolg für eine erste Behandlung! Ich kläre Herrn L. darüber auf, dass die Beschwerden durchaus wieder auftauchen können, da der Magen noch einige Zeit brauchen wird, um sich von der Entzündung zu erholen. Ich erinnere ihn daran, was wir wegen magenschonender Ernährung besprochen haben und wir vereinbaren einen Folgetermin in zwei Wochen. Dann möchte ich schauen, inwieweit sich der Magen erholt hat und die wiedergewonnene Beweglichkeit erhalten geblieben ist.

Wenn Sie auch Rückenschmerzen haben und diesen einmal genau auf den Grund gehen wollen, ohne nur das muskulo-skelettale System im Auge zu haben, finden Sie qualifizierte osteopathische Behandler in dieser Liste: www.hpo-osteopathie.de/therapeutenliste

Fragen & Antworten zur Osteopathie

Frage: Bärbel aus Rheine fragt: "Ich wollte meine Osteopathin immer mal fragen, ob ich nach der Behandlung noch zum Sport gehen kann. Habe es aber jedes Mal vergessen. Wie sieht es mit Sport nach der Behandlung aus?“

Antwort: "Liebe Bärbel, grundsätzlich wird empfohlen, es nach einer osteopathischen Behandlung entspannt und gelassen angehen zu lassen.

Allzu große Belastungen sollten Sie vermeiden. Der Körper benötigt Zeit und Ruhe, die Behandlung und alle Impulse, die ihm gegeben wurden, zu verarbeiten.

Wenn Sie sich trotzdem nach Sport fühlen, dürfen Sie dem natürlich nachgehen. Hören sie auf Ihr Bauchgefühl. Achten sie aber darauf, dass sie beim Training unterhalb Ihrer Leistungsgrenze bleiben.

Haben Sie kein Bedürfnis, nach der Behandlung noch Sport zu machen, ist das völlig in Ordnung und normal. Mit einer Ruhephase nach der Behandlung unterstützen Sie Ihren Körper in der Regeneration.

Vielleicht legen Sie Ihren nächsten Osteopathie-Termin direkt auf einen Tag, an dem kein Sportprogramm geplant ist."

Tipps & Infos

Spazieren gehen

Ein sehr einfacher Tipp um ihre Gesundheit zu verbessern, ist eine kleine Steigerung Ihres Aktivitätsniveaus.

Es muss also nicht immer schweißtreibender Sport sein.

Probieren Sie es doch einmal mit regelmäßigen Spaziergängen. Sich zu Fuß auf den Weg machen regt den Stoffwechsel an, steigert die Durchblutung, gönnt den Augen eine Pause von der Computerarbeit und hebt die Stimmung - selbst, wenn Sie zuerst keine Lust auf einen Spaziergang hatten - und steigert die Lebenserwartung. Raus in die Stadt oder Natur. Gehen sie durch bekannte Gebiete oder auch unbekannte Stadtviertel und Landschaften. Die Schönheit des Ortes muss dabei nicht an erster Stelle stehen. Überall gibt es etwas zu entdecken.

Sie können Blick und Gedanken schweifen lassen. Körper und Geist werden in Bewegung gebracht. Lassen sie sich treiben und schalten sie eine Zeit lang ab - vielleicht sogar das Smartphone. Die Alltagssorgen werden kleiner, die Schritte rhythmischer, die Gedanken klarer.

Spazieren gehen kann man zur Arbeit, in der Mittagspause, nach Feierabend, alleine, zu Zweit, ganz wie man möchte. Gehen sie einfach los, der Rest kommt von alleine.

App des Monats:

Pilzator

Spazieren gehen und dabei Pilze bestimmen und sammeln, das lässt sich wunderbar kombinieren!
Denn die Pilzsaison hat wieder angefangen und wer kein Pilzbestimmungsbuch zur Hand hat, dem sei eine Pilzerkennungs-App wie Pilzator empfohlen.

Einfach Kamera für den Bildscan freischalten, den gefundenen Pilz fotografieren und schon liefert die App den Namen und alles Wissenswerte dazu. Der Fundort lässt sich zudem in einer Karte speichern. Auch listet die App gängige Pilze auf und unterteilt sie nach essbar, zu vermeiden und giftig.

Vorsicht ist trotzdem anzuraten: Der Verzehr von selbst gesammelten Pilzen empfiehlt sich nur bei absoluter Gewissheit!

 
 
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