Unsere Zwerchfelle (OSTEOPATHIE 7-2020)

Stichworte: Zwerchfell, Diaphragma, Atemzwerchfell, Brustkorb, Bauchraum, Lungen, Herz, Speiseröhre, Magen, Leber, Gallenblase, Nerven, Aorta, venöse Blutgefäße, Rippen, Brustbein, Wirbelsäule, Lungenflügel, einatmen, Nase, Ausatmung, Muskeln, körperliche Belastung, Sauerstoffbedarf, Rhythmus, Seelenmuskel, Verspannung, Unbeweglichkeit, Mageneingang, Blutrückfluss, Stimmung, Sodbrennen, Rückenschmerzen, Lendenwirbelsäule, Halswirbelsäulenschmerzen, Seufzen, Engegefühl, Kribbeln, Kopfschmerzen, Atem, mobilisieren, Blockaden, Entstauen, Hauptatemmuskel, Hauptnerv, Nervus phrenicus, Wirbelkanal, Engstellen, Dehnen, Rippenbogen, Fehlspannungen, Unwinding-Technik, Fußsohle, Beckenboden, Brustkorbabschluss, Tentorium cerebelli, kopfwärts, fußwärts, Statik, Druckverhältnisse, Unterdruck, Nervengeflecht, Sonnengeflecht, Eingeweide, Fuß, Kopf, Schultergürtel, Funktionszusammenhänge, Funktionseinheiten

Sie haben richtig gelesen: Zwerchfelle - Mehrzahl. Denn in der Osteopathie kennen wir nicht nur eins sondern mehrere. Als Zwerchfelle (Diaphragmen) bezeichnen wir alle horizontal im Körper aufgespannten Strukturen. Unser Atemzwerchfell ist dabei wohl das bekannteste.

Das Atemzwerchfell

Es spannt sich unter dem Brustkorb auf und trennt diesen vom Bauchraum. Darüber liegen die Lungen, das Herz, die Speiseröhre und die großen Gefäße. Direkt darunter befinden sich Magen und Leber mit Gallenblase. Das Atemzwerchfell hat Durchtrittsstellen für Speiseröhre, Nerven, die Aorta und venöse Blutgefäße. Es schließt den Magen mit der Kardia (Mageneingang) nach oben hin ab. Befestigt ist es an den Rippen, dem Brustbein und der Wirbelsäule.

Es ist mit den Lungenflügeln, dem Herzen und der Leber verwachsen. Wenn wir einatmen, senkt sich das Zwerchfell ab. Der Brustkorb weitet sich und Luft wird in die Lungen gesogen. Atmen wir aus, entspannt sich das Zwerchfell und Luft strömt aus. Der Brustkorb kommt wieder in seinen Ausgangszustand. Probieren Sie es direkt einmal aus und atmen Sie tief ein und langsam wieder aus. Können Sie den Weg des Atems von der Nase bis in Ihre Lungen verfolgen? Spüren Sie, wie sich das Zwerchfell bei der Einatmung absenkt und ihr Bauch sich nach vorne rausdrückt? Und gelangt bei der Ausatmung alles wieder in die Ausgangsposition zurück? In Ruhe wiederholt sich dieser Mechanismus circa 12 x pro Minute, 720 x in einer Stunde und ungefähr 17.280 x am Tag.

Ganz schön beachtlich, was unser Zwerchfell leistet. Es ist damit nicht nur einer der wichtigsten und am stärksten beanspruchten Muskeln unseres Körpers. Es sorgt auch für eine gute Anpassungsfähigkeit. Bei körperlicher Belastung bewegt es sich schneller, um dem erhöhten Sauerstoffbedarf gerecht zu werden. In Ruhe bewegt es sich in einem langsameren Rhythmus. Und das alles wird zum größten Teil automatisch und unbewusst gesteuert.

Das Atemzwerchfell wird auch als “Seelenmuskel” bezeichnet. Fühlen wir uns wohl in unserer Haut, ausgeglichen und zufrieden, atmen wir ganz frei. Werden wir von Sorgen geplagt oder überschreiten die täglichen Anforderungen ein für uns gesundes Maß, atmen wir oft nur oberflächlich. Hier handelt es sich um einen wechselseitigen Mechanismus, den wir nutzen können. Wenn wir tief atmen, entspannen wir, auch mental. Atmen wir dagegen flach, führt dies auf Dauer zu vermehrter Anspannung.
 
Stellen Sie sich nun einmal vor, Ihr Atemzwerchfell wäre dauerhaft verspannt, die Wirbelsäule am Ansatz des Zwerchfells blockiert oder der Brustkorb nicht gut flexibel. Dann muss das Zwerchfell bei jedem Atemzug Schwerstarbeit verrichten. Dieses Problem findet sich häufig in der osteopathischen Praxis. Das kann vielfältige Gründe haben. Weiter oben haben wir gesehen, wie viele anatomische Beziehungen es gibt, die jeweils zu Einschränkungen in der Beweglichkeit führen können. Langfristig kann eine Verspannung oder Unbeweglichkeit Einfluss auf den Mageneingang, den venösen Blutrückfluss, unsere Stimmung und viele andere Funktionen im Körper haben.

Woran können Sie erkennen, dass Ihr Atemzwerchfell nicht leicht und geschmeidig beweglich ist?

Die Beschwerden, die durch eine Dysfunktion hervorgerufen werden, können vielfältig sein und werden häufig erst gar nicht mit dem Zwerchfell in Verbindung gebracht. Zum Beispiel sind hier zu nennen:

  • Sodbrennen
  • Rückenschmerzen am Übergang der Brustwirbelsäule zur Lendenwirbelsäule
  • (Atemabhängige) Schmerzen an der Brustwirbelsäule / am Brustkorb
  • Halswirbelsäulenschmerzen
  • Erhöhte Atemfrequenz in Ruhe
  • Häufiges Seufzen, nicht die Luft anhalten können
  • Dauerhaftes Engegefühl im Brustkorb
  • Kribbeln in den Händen
  • Kopfschmerzen
Die Behandlung des Atemzwerchfells

Ziel ist es, die volle Beweglichkeit des Atemzwerchfells wieder herzustellen und somit ein leichtes Atmen bei jedem Atemzug zu ermöglichen. Oft ist es dafür wichtig, die muskulären Ansatzpunkte zu mobilisieren: Rippen, mittlere Wirbelsäule und Brustbein. Auch die Stellen, wo das Atemzwerchfell mit anderen Organen (Herz, Leber und Magen) verwachsen ist, lassen sich mobilisieren und Blockaden werden so gelöst.

Das Entstauen und Mobilisieren der unterhalb des Zwerchfells gelegenen Organe, besonders der Leber, kann sinnvoll sein, damit es bei der Einatmung leichter absenken kann und nicht gegen erhöhten Druck anarbeiten muss. Häufig ist auch das Behandeln der Nerven, die den Hauptatemmuskel innervieren, notwendig. Der Hauptnerv (Nervus phrenicus) tritt auf Höhe unserer Halswirbelsäule aus dem Wirbelkanal aus und muss in seinem langen Verlauf einige Engstellen auf Höhe des Schultergürtels und im Brustkorb passieren, bevor er am Atemzwerchfell ankommt. All diese Engstellen lassen sich osteopathisch mobilisieren und entspannen, so dass der Nerv nicht weiter irritiert wird.

Schließlich kann auch das Dehnen des Atemmuskels selbst während der osteopathischen Behandlung angezeigt sein. Dafür wird Ihr osteopathischer Behandler unter Ihren Rippenbogen greifen und eine Dehnung nach oben und außen durchführen.
Um Fehlspannungen im Muskel auszugleichen, kann eine Unwinding-Technik gewählt werden. Ihr osteopathischer Therapeut legt dafür seine Hände auf Höhe des Zwerchfells auf Ihren Körper und folgt den Spannungen des Muskels, bis dieser entspannt.
 

Welche Diaphragmen kennen wir in der Osteopathie noch?

Es gibt in unserem Körper neben dem Atemzwerchfell noch einige andere horizontal aufgespannte Strukturen: auf der Höhe der Fußsohlen, der Beckenboden, der obere Brustkorbabschluss, eine Struktur im Schädel (Tentorium cerebelli).

Sie unterteilen den Körper jeweils in ein Oben (kopfwärts) und ein Unten (fußwärts).
Zwischen diesen Strukturen bilden sich mechanische Gleichgewichte. Das hat eine große Relevanz für unsere Statik und für Druckverhältnisse im Körper. Beim Ausatmen entsteht zum Beispiel ein Unterdruck, der hilft, das venöse Blut zum Herzen zurück zu transportieren.

Außerdem befinden sich auf Höhe der Zwerchfelle im Kopf, Brustkorb, Bauch- und Beckenraum jeweils Nervengeflechte, wie unser Sonnengeflecht (Solar plexus). Sie beeinflussen das Funktionieren unserer Eingeweide und unser Wohlbefinden. Auch auf diese haben unsere Zwerchfelle einen Einfluss und auch deren Funktion kann mit einer osteopathischen Behandlung verbessert werden.

Osteopathie ist ein komplexer Therapieansatz

Ist eines unserer Zwerchfelle in Mitleidenschaft gezogen, sind häufig auch die anderen mehr oder weniger stark betroffen. So kann es sein, dass ihr osteopathischer Behandler in einer Sitzung Ihren Fuß, den Kopf und den Schultergürtel behandelt, um das Atemzwerchfell dauerhaft zu befreien und ins Gleichgewicht zu bringen. Die besondere Betrachtung und die Behandlung der Zwerchfelle ist ein Ansatz, der einzigartig ist. Hierin zeigt sich einmal mehr der osteopathische Ansatz, den Körper und seine Funktionszusammenhänge möglichst vollständig begreifen und behandeln zu können. Ein osteopathischer Behandler wird nie nur Einzelteile Ihres Körpers behandeln, sondern versuchen, Funktionseinheiten und Beziehungen zwischen einzelnen Strukturen zu beachten und zu behandeln. Qualifizierte osteopathische Behandler finden Sie hier: www.hpo-osteopathie.de/therapeutenliste

Fragen & Antworten zur Osteopathie

Frage: Nadine aus Dortmund fragt: "Was steckt hinter dem Gedanken, Osteopathie sei wie Chirurgie ohne Messer?“

Antwort: "Liebe Nadine, diesen Gedanken darf man nicht wörtlich nehmen, aber wie es zu dieser Beschreibung kommt, soll folgendes Beispiel veranschaulichen:

Nehmen wir an, Sie haben eine Narbe, die nicht gut verheilt ist. Vielleicht wurde bei der Operation nicht nur die oberste Schicht der Haut durchtrennt, sondern auch tief in Unterhaut, Muskeln und Bindegewebe geschnitten, was auch dort zur Bildung von Narbengewebe geführt hat. Das Aussehen der oberflächlichen Narbe stört Sie und die Bewegungseinschränkung sowie der Zugschmerz in der Tiefe behindert zusätzlich. Daher möchten Sie das Narbengewebe entfernen lassen.

Ein Chirurg kann zum Beispiel die Oberfläche abschleifen oder die verhärteten und verklebten Gewebe mit einem Skalpell entfernen.

Mit einer osteopathischen Technik kann das belastete Gewebe „in die Leichtigkeit“ begleitet und dadurch entspannt werden - wie bei einem Knoten, den man nicht durch Ziehen sondern durch Schieben der Enden lösen kann. Dadurch wird mehr Raum geschaffen und die gestauten und umgeleiteten Flüssigkeiten können wieder das verhärtete oder verklebte Gewebe erreichen. Der Umbau der harten Kollagenfasern kann fortgesetzt und der Abbau von störendem Narbengewebe beschleunigt werden.

Der osteopathische Therapeut ermöglicht also die Umwandlung der Zellgewebe nicht durch Schneiden, sondern durch Öffnung von Gefäß- und Gewebsblockaden. Den Rest macht der Körper selbst - alles ohne Messer."

 
 
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