Haben sie sich bei einem Besuch bei Ihrem osteopathischen Behandler auch schon einmal gewundert, dass alle möglichen Fragen gestellt wurden, die scheinbar nichts mit ihren Beschwerden zu tun hatten? Dass Körperregionen untersucht und behandelt wurden, die nicht schmerzten? Der Grund ist ganz einfach: In der Osteopathie stehen Sie als ganzer Mensch und Ihre Gesundheit im Vordergrund und nicht einzelne Körperteile oder Ihre Beschwerden. Das Prinzip, das dahinter steckt, nennt sich Salutogenese und soll in dieser Ausgabe des Newsletters vorgestellt werden. Der Begriff Salutogenese wurde durch Aaron Antonovsky (1923-1994), einen israelisch-amerikanischen Soziologen, geprägt. Salus ist lateinisch und bedeutet “Gesundheit”. Genese kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet “Entstehung”. Salutogenese heißt also wörtlich übersetzt Gesundheitsentstehung. Der Begriff war in den 1970er Jahren ganz neu. Bisher hatte man sich vor allem für die Pathogenese interessiert. Die Pathogenese beschreibt, wie Krankheiten und Leiden entstehen. Zur Entstehung und Entwicklung von Krankheiten wussten und wissen wir sehr viel in der Medizin. Wie kommt es aber, dass wir uns gesund, wohl und munter fühlen? Welche Faktoren tragen dazu bei, dass wir gesund werden? Das sind Fragen, die Antonovsky interessierten. Deutlich wird, dass sich durch diese neue Sichtweise zwei entgegengesetzte Pole ergeben: “gesund” auf der einen Seite und “krank” auf der anderen. Zwischen den Extremen absolut gesund und absolut krank gibt es jede Menge Zustände, wie wir sie alle aus unserem Leben kennen. Das Leben ist komplex und so können positive und belastende Aspekte sich durchaus überlagern. Man kann zum Beispiel Knieschmerzen haben und gleichzeitig glücklich verliebt sein. Oder wir sind erkältet, können aber dennoch zur Arbeit gehen. Wir befinden uns also ständig zwischen den Polen gesund und krank, mitten im Fluss des Lebens. Und der Fluss des Lebens kann mal von turbulenten Stromschnellen geprägt sein, sich ein anderes Mal aber als sanfte Strömung zeigen. Mal sind wir gute Schwimmer und mal geht uns die Puste aus. Krankheit und Gesundheit gehören beide auf natürliche Art zu jedem Leben. So lange wir leben, verfügen wir immer über gesunde und kranke Anteile. Das salutogenetische Konzept stellt unsere Bewältigungsmöglichkeiten und unsere Ressourcen in den Mittelpunkt, nicht eine Erkrankung. Egal, wie nah wir uns am kranken Pol des Kontinuums befinden, so lange wir leben, haben wir die Möglichkeit, uns dem gesunden Pol wieder anzunähern. So denken wir auch in der Osteopathie und versuchen, diese Gesundheit zu finden und durch unsere Behandlung zu fördern. |