SARS-CoV-2 Antigen-Schnellteste in Heilpraktikerpraxen
Dürfen Heilpraktiker*innen SARS-CoV-2 Antigen-Schnellteste an sich und ihren Mitarbeiter*innen regulär durchführen, um die Verbreitung des Corona-Virus durch asymptomatische Träger in Praxen mit hoher Patienten-Fluktuation zu verhindern? Unsere Hygienefachkraft Isabella Windisch beantwortet im Interview Fragen rund um Antigen-Schnellteste in Heilpraktikerpraxen.
Isabella, die nationale Teststrategie auf SARS-CoV-2 und die neue Coronavirus-Testverordnung – TestV vom 8. März regeln den Anspruch auf Testung, verunsichert aber viele Kolleginnen, da Heilpraktikerinnen bislang die Diagnose und Behandlung jener Infektionserkrankungen untersagt war, die im Infektionsschutzgesetz aufgeführt sind. Dazu zählt eben auch SARS-CoV-2. Daher die Frage: Dürfen Heilpraktiker*innen in ihren Praxen sich und ihre Mitarbeiter regelmäßig testen?
Ja, nach § 23 Abs. 3 Satz 1 des Infektionschutzgesetzes, IfSG, gelten Heilpraktikerpraxen als "Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe". Personal in diesen Einrichtungen sollen zur Eindämmung der Pandemie vermehrt getestet werden, um die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus durch asymptomatische Träger in Praxen mit hoher Patienten-Fluktuation zu verhindern.
In Gebieten mit einer erhöhten Inzidenz (z.B. 7-Tage-Inzidenz >50/100.000) werden regelmäßige vorsorgliche (Reihen-)Testungen von Personal ausdrücklich empfohlen.
Das Heilpraktikergesetz steht dem nicht im Wege. In einer Übersicht zur Nationalen Teststrategie des Robert-Koch-Instituts heißt es ausdrücklich: "Bei einer entsprechenden Eignung, stehen weder das Berufsrecht noch das Betreiberrecht einer weiten Auslegung, die auch z.B. Pflegehilfskräfte mit umfassen kann, entgegen. Vorsorglich sollte der Vorgang der Einweisung dokumentiert werden."
Wie ist denn die Einweisung geregelt, wer kann / darf Antigen-Schnelltests durchführen?
Antigen-Schnellteste müssen von geschulten Personen durchgeführt und die entsprechenden Arbeitsschutzmaßnahmen dabei berücksichtigt werden. Hierbei kommt es insbesondere auf die korrekte Durchführung des Nasen- bzw. Rachenabstrichs an, bei dem möglicherweise infiziertes Gewebe mit einem Abstrichtupfer aus dem Mund- oder Nasenraum entnommen wird. Wird der Abstrich fehlerhaft durchgeführt, kann das Ergebnis des Schnelltests verfälscht sein. Es gilt, die Herstellerangaben zu berücksichtigen. Die Einweisung erfolgt also über diese Herstellerangaben und sollte dokumentiert werden. Der Test kann beispielsweise von dem*der Praxisinhaber*in durchgeführt werden oder über den*die Hygienebeauftragte*n, nachdem sich diese mit der Gebrauchsanweisung vertraut gemacht haben.
Jede Praxis sollte zudem ein Testkonzept haben. Dieses ergänzt das Corona-Schutzkonzept im Hygieneplan.
Darin sollte festgelegt sein:
- Formalitäten (z.B. Datenschutzeinwilligung je Testung, Erfassung, Archivierung)
- Welche Teste zum Einsatz kommen (aus Liste Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte)
- Wer die Teste durchführt.
- Wer getestet wird.
- Wie oft pro Woche getestet wird.
- An welchen Tagen getestet wird (z. B. Montag morgens zum Ausschluss am Wochenstart)
- Schulung, Einweisung zu den Personalschutzmaßnahmen, zur Durchführung und Auswertung der Teste, durch die Praxisleitung oder eine beauftragte Person.
- Die Schulungen/Einweisungen sind in einer Teilnehmerliste zu dokumentieren (Datum, Einweiser, Themen, Unterschriften der Teilnehmer).
- Und ganz wichtig: Das Vorgehen bei einem positivem Testergebnis.
Wie verhalte ich mich bei einem positiven Antigen-Schnelltest?
Positive Ergebnisse von PoC-Antigenschnelltests sind nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtig. Es ist umgehend ein PCR-Test zu veranlassen und die Person muss sich bis zum PCR-Testergebnis in Quarantäne begeben. Das weitere Vorgehen erfolgt unter Anweisung des zuständigen Gesundheitsamtes. Das Labor meldet positive Nachweise über die Labormeldepflicht dem Gesundheitsamt.
Wie werden die Testergebnisse dokumentiert?
Sollten der*die Praxisinhaber*in die Teste abrechnen können, sind die getesteten Beschäftigten nachweislich zu dokumentieren und die Dokumente bis 31.12.2024 aufzubewahren (z. B. als Excel-Tabelle mit Datum, Namen, Testergebnis). Alternativ kann das Testergebnis auf den Datenschutzeinwilligungen vermerkt und diese zentral aufbewahrt werden.
Wie oft soll pro Woche getestet werden?
Mindestens 1 x pro Woche. Je nach bestehendem Risiko steht es den Praxen frei, die Teste auf mehrmals pro Woche zu erweitern.
Können die Kosten für die Antigen-Schnellteste abgerechnet werden?
Ob die Sachkosten für die selbst beschafften PoC-Antigen-Teste gemäß der Coronavirus-Testverordnung – TestV abgerechnet werden können, ist mit der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Bezirk die Praxis ihren Sitz hat, oder mit dem zuständigen Gesundheitsamt zu klären.
An die berechtigten Praxen ist von der KVB für selbst beschaffte PoC-Antigen-Tests eine Vergütung für die Sachkosten in Höhe der entstandenen Beschaffungskosten, und zwar bis zum 31. März 2021 von höchstens 9 Euro je Test und ab dem 1. April 2021 von höchstens 6 Euro je Test zu zahlen.
Welche Teste sind empfehlenswert?
Hier führt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine entsprechende Liste mit Antigen-Tests, die fortlaufend aktualisiert wird. Nur die hier aufgeführten Produkte ermöglichen eine Erstattung gemäß der Coronavirus-Testverordnung – TestV.
Worin besteht der Unterschied zu den sogenannten Selbsttests für Laien?
Im Gegensatz zu Privatpersonen tragen Praxisinhaber*innen die Verantwortung zur Infektionsprävention für das Personal und die Patient*innen. Deshalb unterliegen sie im Sinne des Infektionsschutzgesetzes festgelegten, rechtlichen Grundlagen und müssen die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen sicherstellen. Es wird zudem von einer anderen Eignung der durchführenden Personen und professionellem Gebrauch der Tests ausgegangen.
Wo sind die rechtlichen Grundlagen zur Teststrategie festgelegt?
- Nationale Teststrategie – wer wird in Deutschland auf das Vorliegen einer SARS-CoV-2 Infektion getestet?
- Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus Testverordnung – TestV) vom 8. März 2021
Was sollte sonst noch berücksichtig werden?
Testen entbindet nicht von der Einhaltung der AHA+L-Regel sowie den notwendigen Hygienevorkehrungen und Symptom-Monitoring in Praxen.
Aufgrund der geringeren Sensitivität und Spezifität von Antigen-Tests ist der Einsatz dieser Tests nur unter bestimmten Voraussetzungen eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Maßnahmen. Damit ein Antigen-Test ein positives Ergebnis anzeigt, ist im Vergleich zur PCR-Testung eine größere Virusmenge notwendig (niedrigere Sensitivität). Das bedeutet, dass ein negatives Antigen-Testergebnis die Möglichkeit einer Infektion mit SARS-CoV-2 nicht ausschließt und zudem nur eine Momentaufnahme darstellt. Je öfter ich also teste, desto wahrscheinlicher kann ich Infektionen ausschließen.
Hinweise zur Testung hält das Robert-Koch-Institut bereit. Zudem sei auch auf die Empfehlung des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe, ABAS, zu Arbeitsschutzmaßnahmen bei Probenahme und Diagnostik von SARS-CoV-2 hingewiesen.
Liebe Isabella, danke für das Interview. Wann wirst du wieder deine Hygieneschulungen anbieten?
Wir wollen Ende April, Anfang Mai wieder damit starten. Sobald ein genauer Termin steht, wird ihn die hpO bekannt geben.